Quelle: DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs e. V. (November 2020)
Im Rahmen des Projektes „H2vorOrt“ haben sich 33 Projektpartner, welche zusammen ca. 50 Prozent der deutschen Gasverteilnetze betreiben, zusammengeschlossen. Diese gehen der Frage nach, wie eine regionale und sichere Versorgung mit klimaneutralen Gasen in Zukunft bundesweit konkret ausgestaltet werden kann und welcher Transformationspfad hierfür durchlaufen werden muss. Die Gasverteilnetze sind elementarer Bestandteil der verlässlichen Energieversorgung und Rückgrat für den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie für die privaten Haushalte. Gasverteilnetze bieten technisch und wirtschaftlich ideale Voraussetzungen, um klimaneutrale Gase aufzunehmen, zu speichern, zu transportieren und in alle Sektoren zu verteilen. Sie werden sich daher zur führenden Verteilinfrastruktur von Wasserstoff entwickeln. Es werden konkrete Empfehlungen für die Politik gegeben, um den Transformationsprozess der Gasverteilnetze so zügig wie möglich voranzubringen:
Die wichtigsten Handlungsempfehlungen:
Die „H2 vor Ort“-Studie von 33 Gasverteilnetzbetreibern unter Begleitung des DVGW steht zusammen mit dem Vorschlag eines „visionären Wasserstoffnetzes“ der Fernleitungsnetzbetreiber für das Leitmotiv der Branche, die künftige Wasserstoff-Infrastruktur organisch aus den heutigen Erdgasnetzen heraus zu entwickeln. Neben der teilweisen Umstellung paralleler Transportleitungen sind dafür höhere Wasserstoff-Beimischungen im Erdgasnetz und ein Konzept zur schrittweisen Umstellung einzelner Fernleitungen und Netzbereiche auf eine vollständige Wasserstoffversorgung notwendig.
Für einen solchen integrierten Transformationspfad spricht Einiges: Die „H2 vor Ort“-Studie liefert zahlreiche Vorschläge, wie die schrittweise Umstellung der Verteilnetze auch bei Letztverbrauchern und ihren Endgeräten gelingen kann. Und die bislang auf maximal 2% begrenzte Beimischung von Wasserstoff würde schon heute Einspeisungen von mehreren 1000 MW Elektrolysekapazität in unser Erdgasnetz ermöglichen. Durch eine verbindliche Beimischungsquote könnte der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zudem gerade in der Anfangsphase vereinfacht werden. Zusatzkosten durch die Umstellung der Nachfrageseite würden zunächst entfallen und man könnte sich auf eine „netzdienliche“ Einbindung großer Elektrolyseure konzentrieren.
Spannend bleibt aus heutiger Sicht zweierlei: Zum einen, ob sich die Politik doch noch bereitfindet, dem „Champagner der Energiewende“ so wie von den Verteilnetzbetreibern vorgeschlagen, auch im Wärmesektor eine Chance zu geben. Dies muss langfristig nicht immer die energiewirtschaftlich beste Lösung sein, kann aber bei einer geringen Durchmischungsquote die Kosten und die Komplexität für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft reduzieren. Zum anderen, inwieweit die Regulierung der Wasserstoffnetze dem Leitmotiv einer integrierten Gas/Wasserstoff-Regulierung folgen wird oder – so wie im aktuellen Referentenentwurf für die EnWG-Novelle – eher auf einen eigenständigen Regulierungsansatz für Wasserstoffnetze mit verhandeltem Netzzugang und Opt-in-Modell setzen wird. Auch wenn die europarechtlichen Bedenken gegen den integrierten Ansatz nicht einfach vom Tisch zu wischen sind, wäre eine klare politische Richtung hier wünschenswert.E-Bridge schaut auf eine lange Historie der Entwicklung und Umsetzung ordnungspolitischer und regulatorischer Rahmenbedingungen in der Strom- und Gaswirtschaft zurück und bringt diese auch in die aktuelle Wasserstoff-Debatte ein.